Weggefährtin
Weggefährtin Zwischen Inszenierung, Dokumentation und Interpretation. In der fotografischen Arbeit "Weggefährtin" geht es um meine persönliche Auseinandersetzung mit der Stadt, die mich umgibt und in der ich seit nunmehr 10 Jahren lebe, um das (mal mehr und mal weniger) schöne, grüne Halle an der Saale. Über ein Jahr lang habe ich die Stadt in meinem Erleben auf Schwarz-Weiß-Filmen festgehalten. Für mich ist Halle eine Stadt ohne viele Schnörkel, die es ihren Bewohnern nicht immer ganz leicht macht, aber nichtsdestotrotz von vielen innig geliebt wird. Jede Stadt hat ihre eigene Geschichte und ihren ganz eigenen Charakter. Sie beeinflusst die Menschen, die in ihr leben genauso, wie sie von diesen beeinflusst und geformt wird. Eine Stadt ist wie ein lebendiges Wesen mit einem Gehirn und einem Herzen – ein Wesen, zu dem man ganz unausweichlich eine persönliche Beziehung entwickelt. Wie alle Beziehungen muss man auch diese pflegen, ständig an ihr arbeiten, um sie am Laufen zu halten, und sich regelmäßig mit dieser speziellen Partnerin auseinandersetzen.Das Projekt wurde mit analogem Fotomaterial, s/w-Filmen und s/w-Papieren in der Dunkelkammer umgesetzt. Das Arbeiten mit greifbaren und begrenztem Material, mit Papieren bestimmter Haptik, macht es mir möglich, mich auf besser auf die Bildaussage eines Fotos zu konzentrieren. Weiterhin bearbeite ich die Fotografien mittels chemischer Verfahren und verschiedener Kolorationstechniken. So werden sie nach meinen Bedürfnissen verändert. Vielleicht ist das ja auch ein bisschen wie Halle. Alt und Neu vermengt, traditionell und experimentell, ein wenig altbacken und langsam, eigentlich nie wirklich perfekt aber irgendwie doch ganz interessant. Wie auch in vielen anderen Städten gibt es auch in Bezug auf Halle verschiedene auch künstlerische Auseinandersetzungen, gerade im Bereich der Fotografie. Einige beschäftigen sich mit den Veränderungen im Laufe der Zeit, der Stadtentwicklung, der Architektur. Mir geht es um das Portrait einer ganz persönlichen Stadt-Mensch-Beziehung und um die möglichst authentische visuelle Umsetzung eben dieser. Die Verwendung von schwarzweiß-Fotomaterial nimmt dabei keinen Bezug auf ehemaligen Verfall oder Farblosigkeit. Es ist lediglich mein Medium, dessen Eigenheiten ich mir zu Nutzen mache, um mich mit Bildern auseinanderzusetzen, sie umzusetzen und deren Inhalte meiner Auffassung nach auf das Wesentliche zu reduzieren. Das ist auf einer Fotografie nicht immer auf den ersten Blick sichtbar und geht dann über eine rein dokumentarische Abbildung hinaus. Ich erhebe keinen Anspruch auf eine journalistische oder zeitdokumentarische Arbeit. Meine Arbeiten leben vielmehr von Interpretation, Atmosphäre oder dem eigenen, durchaus auch mal befangenen Blickwinkel. Die meisten meiner Bilder stehen stellvertretend für eine Idee oder ein Empfinden. So ist z.B. ein flimmerndes, sich zu den Rändern hin auflösendes Motiv von einfachen Trinkgefäßen in einer Bar die warme Erinnerung an private, entspannte Abende in kleiner Runde an einem bestimmten Ort und für die Möglichkeit, solche Orte in Halle finden zu können. Selten ist ein Vogel auf dem Bahnsteig einfach nur ein Vogel auf dem Bahnsteig. Das Fotografieserie "Weggefährtin" wurde finanziert und somit ermöglicht durch die Projektförderung der Stadt Halle(Saale) 2018.